
Dorothea von Flüh Wyss
Ort: Sachseln
Attribut: kein zugewiesenes
Gedenktag: keiner
Sie lebt im 15. Jahrhundert in Obwalden und stirbt nach 1487 in Sachseln.
Die Familien- und Bauersfrau ist mit dem Einsiedler Niklaus von Flüh verheiratet.
Dorothea Wyss stammt von der Schwändi oberhalb von Sarnen. Sie kennt die kalten und strengen Winter und die harte Arbeit auf dem Hof. Ihr Vater ist Ratsherr und freier Bauer. Die Mutter ist fleissig. Der Hof gibt viel zu tun. Das Heu muss vor dem Gewitter in die Scheune, die Ernte vor dem Ungeziefer geschützt werden. Dorothea steht am Grab ihres Bruders, der als Kleinkind verstorben ist. Sie erlebt hautnah Glück und Unglück, Leben und Tod. Doch die Familie stärkt und ermutigt sie in ihrem Wissensdurst und Glauben.
Was immer in Obwalden wächst, pflanzt Dorothea in ihrem Garten. Sie erntet, verwertet und legt Vorräte an für die lange Winterzeit. Die junge Frau ist nicht nur kräftig, gross gewachsen und hübsch, sondern auch eine tüchtige Hausfrau. So ist sie begehrt. Schon früh heiratet sie Niklaus von der Flüh. Als sogenannte Morgengabe kommen Hausrat und Güter auf ihr Heimetli im Flüeli. Zehn Kinder werden geboren. Ihr Mann ist ein tüchtiger Bauer, geachteter Vorsteher der Gemeinde Sachseln und Mitglied der obersten Führung des Standes Obwalden.
Doch ihr Niklaus fühlt sich zerrissen. Oft isst er kaum oder tagelang gar nichts. Zudem schläft er wenig. Deshalb wird ihm schwindlig, er stürzt im steilen Tobel. Sein grosser Sohn bringt ihn nach Hause. Niklaus sitzt am Esstisch, alle warten darauf, dass er das Gebet spricht. Doch er scheint abwesend… Wenn Niklaus spricht, hört Dorothea ihrem Mann zu. Er berichtet ihr von der inneren Not, spricht von den Gesichtern und Visionen, die ihn heimsuchen. Dorothea kennt seine einsamen Stunden. Sie weiss, wie oft und gerne er sich immer wieder in den Ranft zurückzieht. Aber Dorothea muss und will zur Familie schauen. Sie betreut die Kinder und Kälber, arbeitet am Webstuhl und am Herd. Sie sammelt Beeren und Nüsse für den Winter. Sie betet und fleht zu Gott. Sie bittet um das Wohl der Liebsten und Nächsten. Ihr inneres Ringen schenkt ihr Zuversicht für die tägliche Mühsal.
Dann zieht sich Niklaus von allen öffentlichen Ämtern zurück. Er verlässt die Familie und lebt nur noch unten im Ranft. Dorothea weiss, dass man Liebe nicht festhalten kann und dass es Situationen gibt, in denen man gewinnt, wenn man bereit ist, zu verlieren. Die Zustimmung seiner Frau und seiner Kinder sieht Niklaus als eine der drei grossen Gnaden Gottes. Dorothea ist seine engste Vertraute, seine legitime Vertreterin und Familienoberhaupt. Sie nimmt ihr Leben in die Hand und wartet nicht auf Entscheidungen von aussen.
Die Nachbarn erzählen: «Sie hat Niklaus das Kleid gewoben, das er beim Weggehen getragen hat!» Dorothea besucht Niklaus regelmässig in seiner Klause, spricht und erzählt, hört zu und trägt seine Sorgen und Ängste aus der dunklen Schlucht hinauf ins Licht. So fern Niklaus auch sein mag, so nahe bleibt sie bei ihm.