Gallus

Freundschaft mit dem Bären

Ort: St. Gallen
Attribut: Bär
Gedenktag: 16. Oktober

Der Kelte Gallus wirkt um die Jahre 550 bis 650 in der Bodenseeregion.
Der Wandermönch und Missionar gilt als Gründer des Klosters St. Gallen.

«Hast du in der Abgeschiedenheit einen Ort gefunden, um darauf eine Klause zu bauen?» So fragt der Wandermönch Gallus den Diakon Hiltibod, der die Wildnis ausgezeichnet kennt, die vor Gallus liegt: «Ich will mich in die Einsamkeit zurückziehen. Zu viel habe ich auf meiner Wanderschaft erlebt, habe für Christus gekämpft und bin vor Bauern geflohen, die mich verfolgten, als ich ihre Götterbilder in den See warf.» Der Diakon erwidert: «Diese Wildnis ist rau und wasserreich, hat hohe Berge und enge Täler, viele Bären und Wölfe. Sie sind gefährlich und greifen Menschen an.»

Gallus und sein Diener Maginold lassen sich nicht beirren. Sie brechen auf und gelangen an einen Wasserlauf namens Steinach, wo sich das Flüsschen vom Berg herunterstürzt und eine Höhlung im Felsen bildet. Sie bereiten sich eine Ruhestätte für die Nacht. Das mitgebrachte Netz lassen sie ins Wasser sinken, nicht wenige Fische werden gefangen und auf dem Feuer gebraten.

Gallus ist beeindruckt von diesem Ort und will bleiben. Nachdem er sich vom Gebet erhoben hat, macht er aus einer Haselrute ein Kreuz und befestigt daran eine Kapsel mit Reliquien der Heiligen Jungfrau, des heiligen Desiderius und des Heerführers Mauritius. Während er in Andacht davor verharrt, nähert sich ein Bär vom Gebirge her.

Der Bär verschlingt die Überreste ihrer Mahlzeit. Gallus geht ohne Zögern auf das Ungeheuer zu. Das Tier richtet sich brüllend auf und hebt seine Pranken. Da erkennt Gallus, dass dem Bären ein Dorn im Fuss steckt. Er beschwichtigt ihn, zieht den Dorn aus der Tatze und beschwört den Bären: «Im Namen des Herrn Jesu Christi mögen dir die Wälder, Hügel und Berge freistehen, aber verletze weder Vieh noch Mensch!» Gallus befiehlt ihm, Holz fürs Feuer herbeizuschaffen. Als Dank werde er alle Tage Nahrung erhalten, müsse aber die anderen wilden Tiere abwehren.

Gallus und Maginold durchwandern Berg und Tal und finden einen Wald zwischen zwei Bächen, eine anmutige Ebene, die zur Errichtung einer Zelle einlädt. Auch dort ereignet sich ein Wunder. Die Gegend ist voller Schlangen, doch diese zeigen sich seit jenem Tage nicht mehr. Nach diesen Gotteszeichen beginnen die beiden Männer, ihre Einsiedelei zu bauen. Der gezähmte Bär bringt Bauholz – alsbald ist die kleine Klause fertig gestellt.

Gallus predigt in Mundart und nicht in Latein. Kraft seiner Sprache, seiner Liebe zu allen Menschen, seiner Verbundenheit mit der Natur und seiner Frömmigkeit lassen sich viele alemannische Bergbauern bekehren. Manches wäre noch zu berichten von diesem Gottesmann, den Versuchungen durch den Teufel in der Gestalt von nackten Frauen, von wundersamen Heilungen wie derjenigen der Tochter des Herzogs Gunzo, die von einem Dämon befreit wird…